Schlagwort-Archive: Deutschland

Wie lang muss die Ukraine noch kämpfen?

Stimmen von Experten und Friedensaktiven zum gegenwärtigen Stand und der Geschichte dieser für Humanisten schwer erträglichen Tragödie.

Die Geschichten, die die Mainstream-Presse Deutschlands verbreitet, sind ebenso gleichförmig wie abgenützt. Welcher aufmerksame Beobachter glaubt sie noch?

In der SPD gibt es Widerstand gegen die Nicht-Diskussion über die Kriegspolitik des Kanzlers: Aufruf „Mehr Diplomatie wagen“

In den Gewerkschaften gibt es Widerstand gegen eine Kriegs- und Aufrüstungspolitik, die den deutschen Sozialstaat ruiniert: Video-Dokumentation der friedenspolitischen Gewerkschaftskonferenz am 23./24.06.2023 in Hanau

Der kritische US-Historiker Jeffrey Sachs referiert über ein politisches Produkt des Militär-Industrie-Komplexes, die sogenannten „Neocons„, deren zentrale Strategie zur Erhaltung der US-Hegemonie Kriege und Stellvertreterkriege sind.

Der Schweizer Geheimdienst- und Militärexperte Jacques Baud über den Realitätsverlust des Westens

Deo österreichische Militärexperte Oberst Markus Reisner zu den Chancen der Ukrainischen Offensive 2023 und diversen westlichen Waffensystemen.

Der Streit der Aufrüster – Deutschland gegen Frankreich und die EU gegen sich selbst

Europa ist weiter denn je von einer „strategischen Autonomie“ von den USA entfernt, dank dem „zeitengewendeten“ Deutschland.

Zusammenfassender Bericht von German Foreign Policy.

Es geht um die Frage, wo Rüstungsprodukte für die europäische Aufrüstung hergestellt werden sollen und um welche es sich handeln soll. Jahrzehntelang war die Unabhängigkeit von den USA ein unbestrittenes Ziel der EU-Rüstungspolitik (auch als Verteidigungspolitik bezeichnet). Nun wirft die Regierung Scholz alles über den Haufen, unter anderem um vom 100 Milliarden-Kuchen des Sondervermögens Bundeswehr möglichst viel im Sinne ihrer neuen Kopfgeburt „Nationale Sicherheitsstrategie“ mit Waffen umsetzen zu können, die sich deutsche Rüstungspolitiker vorstellen.

Das alles geschieht, um sich gegen ein Russland „verteidigen“ zu können, das militärisch nicht einmal eine selektiv mit westlichen Waffen versorgte Ukraine besiegen kann.

Die amerikahörige EU-Kommission will neuerdings von den Mitgliedsländern zusätzliche 66 Milliarden Euro, um die Ukraine, die Abschottung Europas gegen die Migration und den Wirtschaftskrieg gegen China zu finanzieren.

Dieses Europa einschließlich Deutschland ist seit 2022 unübertrefflich darin, Geld auszugeben, das es nicht hat für Waffen, die es für realistische Bedrohungsszenarien nicht braucht und in der Ukraine einen Konflikt auszutragen, den es durch seine rücksichtslose Expansion in Osteuropa selbst mit verursacht hat.

Es wird Zeit, die Friedenskräfte in SPD und Gewerkschaften zu mobilisieren, um diesem Irrsinn Einhalt zu gebieten.

Aufruf „Mehr Diplomatie wagen“

Forum Demokratische Linke

 

Was könnte die Rolle Deutschlands in einer multipolaren Welt sein?

Da erhebt ein Inder, der Schriftsteller und Essayist Pankaj Mishra, die Stimme und lobt Deutschland für seine Sonderrolle, weil es seine extrem gewalttätige Geschichte aus der Sicht des Verlierers erfolgreich aufgearbeitet hat.

Genau das war seit den 1960er Jahren die Grundlage und das Selbstverständnis sozialdemokratischer Friedenspolitik. Und die lassen wir uns nicht „vom kollektiven Westen“ wegnehmen.

Als weißer Mann in Afrika oder Asien war man Herr und Meister über alles, was einem unterstand. Diese Epoche ist beendet.

Deutschland könnte aus seiner eigenen Erfahrung eine Tugend machen und sich selbst als unabhängige, souveräne Nation mit einer besonderen Geschichte sehen und darstellen. Deutschland könnte seine so besondere historische und wirtschaftliche Entwicklung eben nicht als etwas durch den Nationalsozialismus Geprägtes darstellen, sondern als Folge des so erfolgreichen Sozialstaats, durch einen Staat, der auf die Belange seiner Bürger eingeht und sie ernst nimmt.

Das Gespräch zwischen Richard David Precht und Pankaj Mishra sehen Sie hier

Die Initiativen aus der Sozialdemokratie und ihr nahe stehenden Persönlichkeiten werden zahlreicher und drängender.

Mehr Diplomatie wagen. Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten für Diplomatie und Deeskalation

Ein „Aufruf aus der Mitte der Gesellschaft“ kommt von Peter Brandt und vielen anderen: Frieden schaffen!

Die deutsche Friedensbewegung hat sich über Ostern 2023 mit unterschiedlichen Schwerpunkten positioniert.

Gleichgeschaltet wie sonst nur in autoritären Regimen ist die maßlose Überreaktion in den Mainstream-Medien. Wer das Ende der Eskalation und einen Waffenstillstand fordert, wird als Handlanger Russlands verleumdet, im günstigsten Fall nur als Dummkopf bezeichnet.

Zu welchem Preis werden Waffenstillstand und Friedensverhandlungen gefordert?„, fragt ein „Experte“. Ja, zu welchem denn? Opfern wir etwa den „Endsieg“ des Ukrainischen Volkssturms, wenn er nicht sterben muss?
Solche Fragen stellen ausgerechnet Leute, die seit über einem Jahr nichts Besseres wissen, als militärisch immer weiter zu eskalieren und mit ihrer Salamitaktik objektiv betrachtet schon im Dritten Weltkrieg angekommen sind. Sie haben keine bessere Lösung außer immer mehr Waffen, Munition. Leid, Tod und Zerstörung anzubieten und als Zeithorizont „solange es nötig ist.“ Da fragt sich, wer in diesem „Spiel“ die Dummköpfe sind.

Wie weit ein geradezu Orwellscher Irrationalismus schon in die Gehirne vorgedrungen ist, dokumentiert die Phrase „Waffen retten Leben“. Na sowas, sie werden doch für das exakte Gegenteil produziert.

Angst ist ein schlechter Ratgeber“ schreibt einer. Der schlechteste Ratgeber ist die Dummheit von Helden und realen Maulhelden.
Im Kern aber geht es nur um schlichte Vernunft in Kombination mit Humanität. Dieser Krieg wird sowieso mit Waffenstillstand und Verhandlungen enden. Je früher, desto besser.

Entlarvend ist die menschenverachtende Haltung der Kriegsherren, die, selbst weitab von der Front, andere in den Tod treiben.

Die – Verzeihung – widerwärtigsten Akteure sind die Rüstungsindustrie und ihre politischen Lobbyisten. Sie verkaufen veraltete Waffen für Kriegsbilder aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg und werden dabei ihr eingemottetes Panzer-Gerümpel zu Höchstpreisen los. Dabei haben die Ukrainer erst 2022 vorgeführt, wie man das Vordringen eines Gegners in die Tiefe des eigenen Territoriums erfolgreich mit leichten Waffen und kluger Taktik verhindern kann.

Deutsche Mainstream-Medien im Propagada-Modus

In ihrem Buch „Die vierte Gewalt“ erläutern der Philosoph Richard David Precht und der Soziologe Harald Welzer, wie Massenmedien die Demokratie gefährden, indem „Mehrheitsmeinung gemacht wird, auch wenn sie gar keine ist.“

Aus der Einleitung: „Die Massenmedien in Deutschland sind keine Vollzugsorgane staatlicher Meinungsmache. Sie sind die Vollzugsorgane ihrer eigenen Meinungsmache: mit immer stärkerem Hang zum Einseitigen, Simplifizierenden, Moralisierenden, Empörenden und Diffamierenden. Und sie bilden die ganz eigenen Echokammern einer Szene ab, die stets darauf blickt, was der jeweils andere gerade sagt oder schreibt, ängstlich darauf bedacht, bloß davon nicht abzuweichen.“

Sie wurden von den Betroffenen heftig kritisiert. Harald Welzer und Leo Keller, ein Pionier im Bereich der Semantic Web Intelligence, haben nun eine empirische Massen-Auswertung nachgeliefert, die die Aussagen des Buches anhand der Berichterstattung über den Ukrainekrieg belegt. Dabei werden unter anderem die Themen- und Expertenauswahl klassischer Medien mit der der Berichterstattung auf Twitter verglichen:

Zum einen ist gerade eine klassisch inhaltsanalytische Untersuchung der Berichterstattung und Kommentierung in den acht Leitmedien (FAZ, Süddeutsche Zeitung, Bild, Spiegel, Zeit, ARD Tagesschau [20 Uhr], ZDF heute [19 Uhr], RTL Aktuell [18 : 45]) durch eine Forschungsgruppe um Markus Maurer von der Uni Mainz erschienen, die aber lediglich einen Untersuchungszeitraum vom 24. 2. bis 31. 5. 2022 umfasst; die Otto-Brenner-Stiftung hat den Endbericht am 18. 2. 2023 veröffentlicht. Diese Leitmedien haben auch wir untersucht, aber wir können unsere folgenden Aussagen in Bezug auf den viel längeren Zeitraum vom 1. 2. 2022 bis zum 31. 1. 2023 machen. Unsere empirische Grundlage umfasst 107 000 Texte, die zum Thema »Krieg in der Ukraine« in den Leitmedien über diese Periode hinweg publiziert wurden (mit Ausnahme jener der Zeit, die ihre Artikel für automatisierte Crawling-Prozesse nicht zur Verfügung stellt), dazu konnten wir auch 1,1 Millionen Beiträge aus 140 Regionalzeitungen auswerten. Neben den Texten zum Ukrainekrieg in diesen traditionellen Medien haben wir für diesen Text auch 13,5 Millionen Twitter-Beiträge analysiert, die im selben Zeitraum zum Krieg erschienen sind.

Antje Vollmer ist tot und hat ein pazifistisches Vermächtnis hinterlassen

Dieser Artikel legt die persönliche Meinung von Eberhard Schneider dar.

Antje Vollmer „Was ich noch zu sagen hätte“

Antje Vollmer wird Deutschland fehlen. Sorgen wir dafür, dass diese Option Wirklichkeit wird:

Der Hass und die Bereitschaft zum Krieg und zur Feindbildproduktion ist tief verwurzelt in der Menschheit, gerade in Zeiten großer Krisen und existentieller Ängste. Heute aber gilt: Wer die Welt wirklich retten will, diesen kostbaren einzigartigen wunderbaren Planenten, der muss den Hass und den Krieg gründlich verlernen. Wir haben nur diese eine Zukunftsoption.

 

Und aus der Kriegsdiskussion noch diese Interviews.

Die vergiftete Diskussion um eine friedenspolitische Perspektive

Ukraine-Krieg: Das große Pokern um den Sieg

Die globale Zeitenwende – Wie ein neuer Kalter Krieg in einer multipolaren Ära vermieden werden kann

Dokumentation: Grundsatzartikel von Olaf Scholz in „Foreign Affairs“:

Aufgefallen sind mir vor allem:

Dass Scholz die historischen Ereignisse zwischen 1990 und 2007 komplett ausblendet, also 16 Jahre einer in jeder Beziehung gegenüber Russland, das die Wiedervereinigung ermöglichte, unsensiblen, teils vertragsbrüchigen, im Endergebnis rücksichtslosen Expansion von EU und NATO.

Dass Scholz den westlichen Begriff der „regelbasierten Ordnung“ mit der Charta der Vereinten Nationen gleichsetzt.

Das Folgende Zitat scheint mir jedenfalls viel zu kurz:

Letztlich müssen in einer multipolaren Welt Dialog und Kooperation aber auch außerhalb der demokratischen Komfortzone stattfinden. Die neue Nationale Sicherheitsstrategie der Vereinigten Staaten verweist zu Recht auf die Notwendigkeit, mit Ländern zusammenzuarbeiten, die demokratischen Institutionen zwar selbst nicht angenommen haben, aber dennoch auf ein regelbasiertes internationales System angewiesen sind und ein solches auch unterstützen. Die Demokratien der Welt werden mit diesen Ländern zusammenarbeiten müssen, um eine Weltordnung zu verteidigen und aufrechtzuerhalten, in der Macht an Regeln gebunden ist und in der revisionistischen Taten wie Russlands Angriffskrieg die Stirn geboten wird. Dafür sind Pragmatismus und ein gewisser Grad an Demut vonnöten.

Wie „komfortabel“ und „demokratisch“ diese „demokratische Komfortzone“ tatsächlich ist, wird sich noch herauszustellen. Die Regierungen von 4/5 der Menschheit sehen sie jedenfalls nicht so unkritisch und selbstgerecht.

Schade, Thema verfehlt. „Wie ein neuer Kalter Krieg in einer multipolaren Ära vermieden werden kann“ erläutert Scholz nicht, sondern nur wie er ihn führen will.

„Bereit zu führen“ – Erlebt der deutsche Militarismus eine Renaissance durch die Hintertür?

Analyse von German Foreign Policy

Eine der einflussreichsten deutschen Tageszeitungen unterzieht die wiederholt vorgetragenen Führungsansprüche der Bundesregierung auf EU- und globalem Niveau einer Art konstruktiver Manöverkritik. Die Führungsansprüche sind nicht neu; schon vor mehr als zehn Jahren hatte der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, von einer „Zeitenwende“ gesprochen und offen erklärt, Berlin müsse „Europa in eine neue Zeit führen“. Seit mehreren Monaten preschen immer mehr Berliner Spitzenpolitiker, darunter Bundesminister, erneut vor und äußern wie zum Beispiel Außenministerin Annalena Baerbock: „Wir sind bereit, … zu führen“. Zur Durchsetzung des Führungsanspruchs verlangt Kanzler Olaf Scholz die Einführung von Mehrheitsentscheidungen in der EU-Außenpolitik.

Warum es keine transatlantische Wertegemeinschaft gibt

Update am 04.08.2021

Globale Doppelmoral-Wertegemeinschaft

Die Fregatte Bayern macht auf ihrer Reise zur Bekräftigung „westlicher Werte“ gegen China, das bekanntlich Inseln im südchinesischen Meer illegal besetzt, Station auf

Diego Garcia, der Hauptinsel des Chagos-Archipels mitten im Indischen Ozean, auf dem die Vereinigten Staaten eine strategisch bedeutende Militärbasis unterhalten. Das Chagos-Archipel ist alter britischer Kolonialbesitz, der einst zu Mauritius gehörte, bei dessen Entkolonialisierung aber völkerrechtswidrig abgetrennt wurde, um den Bau des US-Stützpunkts zu ermöglichen.

Ausführlicher Bericht auf German Foreign Policy

Update am 02.08.2021

Die Bundesmarine beteiligt sich an der US-amerikanischen militärischen Einkreisungs-Strategie gegen China. Für Flottenbesuche und Manöver braucht es kein Bundestagsmandat.

https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Fregatte-Bayern-Richtung-Indopazifik-ausgelaufen,fregatte1752.html

Großbritannien träumt von „Global Britain“. Sind das jetzt die ersten schwarz-grünen Träume von „Global Germany“?  :-)

Update am 22.07.2021

Die USA regieren massiv in die EU hinein, nur seit Präsident Biden etwas intelligenter als unter Trump.

Bericht von German Foreign Policy über den Deal zu Nordstream 2, die massive Förderung der Ukraine als Emergeipartner der EU und die bedingte Unterstützung der „Drei-Meere-Inititive“ die die osteuropäischen EU-Länder als Sperr-Riegel gegen engere Beziehungen mit Russland einsetzt und die mit massiver Unterstützung der USA in der Zeit von Präsident Obama entstanden ist.

Dass Europa seine Geopolitik keinesfalls erneut mit dem Hegemonialanspruch der USA verkoppeln sollte postuliert der eher konservative Wirtschaftsexperte  Stefan Baron in seinem neuen Buch „Ami go home – Eine Neuvermessung der Welt“.

Wie lang sich die EU und Deutschland den wirtschaftlichen Erpressungen durch die USA noch beugen müssen, bleibt abzuwarten. DIe gemeinsamen geostrategischen Interessen sind eher dürftig und der Widerstand in der EU wächst.

Update am 03.07.2021

Wirtschaft als Waffe. Bericht von German Foreign Policy über Abwehrmaßnahmen der Europäischen Union gegen Wirtschaftskriege der USA.

Die EU bereitet ein Instrument zur Abwehr extraterritorialer US-Sanktionen und weiterer ökonomischer Zwangsmaßnahmen im globalen Machtkampf vor.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) befürwortet den Aufbau eines „Anti-Coercion Instrument“, für das die EU-Kommission im Oktober ein Konzept vorlegen will.

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Sechsundsiebzigster Jahrestag der Befreiung ohne Frieden mit Russland?

Nachtrag am 18.06.2021

Zum 80. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion Rede von Bundespräsident Steinmeier zur Eröffnung einer Ausstellung im Deutsch-Russischen Museum in Berlin-Karlshorst. „Niemand hatte in diesem Krieg mehr Opfer zu beklagen als die Völker der damaligen Sowjetunion. Und doch sind diese Millionen nicht so tief in unser kollektives Gedächtnis eingebrannt, wie ihr Leid, und unsere Verantwortung, es fordern.“

Nachtrag am 24.05.2021

Dr. Antje Vollmer, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags a. D., analysiert gnadenlos die Ursachen des aktuellen „Permafrosts“ zwischen Deutschland und Russland.

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Missionare ins Auswärtige Amt! GRÜNE Programmatik verrät außenpolitische Konfrontation und deutsche Selbstüberschätzung

Update am 01.06.2021

Nicht nur das Programm, auch die aktuelle politische Haltung hat Gefahrenpotenzial.

Der Streit um Rüstungsgüter für Ukraine – Kritik an Grünen lässt nicht nach

Grünen-Chefin Baerbock wollte die Ukraine-Äußerungen ihres Co-Parteichefs Habeck verteidigen: Es gehe nicht um Waffen, sondern um Nachtsichtgeräte und medizinisches Material für das Land. Aber das rief neue Kritik hervor.
Vertreter von SPD, FDP und Linken werfen den Grünen Unklarheit in der Außenpolitik vor. „Frau Baerbock versucht jetzt mit fadenscheinigen Argumenten die außenpolitische Geisterfahrt von Robert Habeck zu rechtfertigen“, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil…“

Ursprünglicher Bericht

Vorstellung des Programmentwurfs auf der Internetseite der Partei

Der Entwurf selbst als PDF „Alles ist drin“ (nur keine „gemeinsame Sicherheit“)

Kommentar des AK Frieden und Abrüstung

Nachdem geschichtslose, transatlantisch und missionarisch ausgerichtete Nachwuchspolitiker die Heinrich-Böll-Stiftung übernommen und die Politik der ehemaligen Grünen Friedenspartei um 180 Grad gedreht haben, liest sich der Abschnitt „International zusammenarbeiten“ so (Auszüge):

Im Kapitel 6, INTERNATIONAL ZUSAMMENARBEITEN kommt das Wort Friede wie folgt vor:

1 x als Sprechblase „Die EU als Friedensmacht“

1 x als Ergebnis (!) einer „menschenrechtskonformen Klimaaußenpolitik“

1 x in „friedenserzwingende Maßnahmen“ die künftig die UN-Generalversammlung anordnen können soll
(Anm. ES. Das behandelt Charta Kapitel VII. Kapitel VI „Die friedliche Beilegung von Streitigkeiten“ kommt im Grünen Programm nicht vor.)

1 x im direkten Zusammenhang mit Irland

1 x im direkten Zusammenhang mit Kurdistan

4 x im direkten Zusammenhang mit Israel und Palästina

2 x im direkten Zusammenhang mit Afrika und Völkerstrafrecht (!)

1 x als „Friedenssicherung“ unter „moderne Bundeswehr“
(Anm. ES: Das ist ja auch die selbstverständliche Hauptaufgabe einer Verteidigungsarmee.)

6 x im Kapitel „Vorausschauend für den Frieden. Unsere Außen- und Sicherheitspolitik zielt darauf, Konflikte zu verhindern..:“
(Anm. ES. Konflikte kann man nicht verhindern, sie bestehen oder entstehen, wo Interessen kollidieren. Man kann sie nur lösen oder wandeln (Johan Galtung)
„…und setzt deshalb auf Vorausschau gemäß der VN-Agenda für nachhaltige Entwicklung. Wir ergänzen den traditionellen Sicherheitsbegriff um die menschliche Sicherheit und rücken damit die Bedürfnisse von Menschen in den Fokus. Den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) und die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) gilt es zu stärken.“
(Amm. ES: Das ist der einzige im engen Sinne friedenspolitische Abschnitt des Programms. Allerdings wird nicht näher erklärt, was der neu eingeführte Begriff „menschliche Sicherheit“ bedeuten soll.)
„…schnell einsatzbereite Reserve an EU-Mediator*innen und Expert*innen für Konfliktverhütung, Friedenskonsolidierung und Mediation aufbauen. Die Bereiche Polizei, Justiz und Friedensförderung wollen wir mit 1.000 Fachkräften ausstatten. Wir setzen uns dafür ein, die Deutsche Stiftung Friedensforschung… “
(Anm. ES: Wir haben in Deutschland vier seit Jahrzehnten aktive und erfahrene Friedensforschungsinstitute, die ein jährliches Friedensgutachten herausgeben. Die von den Grünen bevorzugte Stiftung ist nicht darunter.),
„… den neu eingerichteten Fachbereich an der Deutschen Hochschule der Polizei und andere wissenschaftliche Einrichtungen zu stärken und die Bedeutung von Friedensarbeit gesamtgesellschaftlich noch sichtbarer zu machen. Die finanzielle Förderung des Zivilen Friedensdienstes (ZFD) wollen wir deutlich erhöhen und den kontinuierlichen Ausbau bedarfsgerecht fördern.“

Kommentar

Toll, die Grünen fördern massiv die Friedensforschung, wollen aber (Zitate) eine „kohärente und wertegeleitete (Außen)Politik“ einführen: „Es ist Zeit, (in Deutschland) wieder eine aktive Außenpolitik zu betreiben und als gestaltende Kraft voranzugehen.“

Wie war das doch bei Kaiser Wilhelm? „Am deutschen Wesen soll die Welt genesen.“ Was dabei herausgekommen ist, wissen wir aus der Geschichte.

Außenpolitik in der einzig funktionierenden Weltordnung, der der Vereinten Nationen, erlaubt keine wertegeleichtete, also konfrontative oder missionarische Politik gegenüber anderen UN-Mitgliedstaaten, sondern Respekt vor der Souveränität anderer Nationalstaaten, die Nichteinmischung in deren innere Angelegenheiten (Kapitel II der UN-Charta) und somit kluge Diplomatie mit langem Atem.

Ob eine Bundeskanzlerin Baerbock solche Klugheit hätte?

Wer braucht ein Future Combat Air System (FCAS)?

Update am 29.03.2021

Die europäischen Kampfflugzeug-Hersteller kennen keine Gnade. Aber nicht etwa gegenüber künftigen „Feinden“ sondern gegenüber der europäischen Konkurrenz.
Es stehen sich gegenüber:

  • Frankreich (Dassault) und Deutschland (Airbus Defence and Space). Auf Wunsch Deutschlands wurde Spanien in das Projekt einbezogen.
    Die Kombination aus Kampfflugzeugen und Drohnenschwärmen hat nach unserer Auffassung in Europa keinen Gegner. Es ist der alte Versuch, aus der Zeit gefallene Militärtechnik zu produzieren, so lang man daran verdienen kann. 2040 soll das FCAS 300 Milliarden Euro gekostet haben und einsatzfähig sein. Mit der Aufnahme von Spanien aber soll Dassault wenig glücklich sein, weil dadurch Ihre Gewinnerwartung gesunken ist.
  • Großbritannien hat das vergleichbare Projekt „Tempest“ am Laufen, an dem Schweden und Italien beteiligt sind.

„Glückliches Europa“. Frankreich, Deutschland, Spanien, Großbritannien (aus der EU ausgetreten), Italien und Schweden können Hightech Kampfflugzeuge bauen.

Ausführlicher Bericht auf German Foreign Policy

Bericht vom 07.07.2019

Der Haushaltsausschuss des deutschen Bundestages hatte am 05.06.2019 für die Anschubfinanzierung des Projekts FCAS 32,5 Millionen Euro freigegeben. Das Geld dient zur Entwicklung eines  Kampfjets der „sechsten Generation“, das so genannte „Next Generation Weapons System (NGWS)“. Das System soll unterschiedliche Flugkörper und Komponenten um einen Kampfjet herum kombiniert einsetzen. Der (europäische?) Kampfjet soll ab 2040 in Dienst gestellt werden.

Unter Aufsicht des französichen Präsidenten Emmanuel Macron haben am 17.06.2019 am Rande der Luftfahrtshow in Paris Le Bourget die drei Damen Ursula von der Leyen (Deutschland, eigentlich Sozialexpertin aber irgendwie Verteidigungsministerin geworden), Florence Parly (Frankreich, Regionalentwicklerin und Verteidigungsministerin) und Margarita Robles (Spanien, Juristin und Verteidigungsministerin) einen Vertrag mit den Luftfahrtkonzernen Dassault (Frankreich) und Airbus SE (europäisch, unter anderem in Deutschland und Spanien tätig) unterzeichnet.

Wie als Wink des Schicksals stieg nach der richtungweisenden Entscheidung die Hitzewelle in Frankreich weiter an, bis am 28.06.2019 Temperaturen von 46 Grad im Schatten erreicht wurden.

Die drei Damen werden der europäischen Rüstungsindustrie Milliardenprofite in die Kassen spülen, wenn man sie nicht noch daran hindert. Und das nur für die kostpielige Sturheit, sich mit einer längst überholten Militärtechnik gegen nicht vorhandene Gegner verteidigen zu wollen. Natürlich geht es nicht um Verteidigung, sondern um Steuergelder für die Rüstungsindustrie. Die verselbständigten Militärapparate der NATO Staaten (und auch anderer) beschaffen ja nicht das, was man heute und morgen vernünftigerweise für eine angemessene Landesverteidigung brauchen würde, sondern das was die Rüstungsindustrie verkaufen will.

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Defender 2020 Großmanöver im von Menschen bewohnten Deutschland

Update 16.03.2020

Virus stoppt Großmanöver. Die US-Armee hat das Manöver wegen der Corona Pandemie großenteils abgesagt. Hier die offizielle Meldung.

Die Bundeswehr hat ihre Beteiligung beendet und wickelt nur noch die laufenden Transporte ab.

1. Folgendes ist mein voller Ernst: Wir wünschen allen beteiligten Soldatinnen und Soldaten eine gesunde Rückkehr.

2. Ich wage es kaum zu hoffen. Aber vielleicht befördert dieses Fiasko auch in der NATO das Bewusstsein, dass es wichtigere, schwerwiegendere und naheliegendere Probleme auf der Welt gibt, als Kriegsspiele und Drohszenarien.

Update 05.03.2020

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hat die ersten 180 US-Soldaten auf dem Flughafen Nürnberg empfangen. Er meinte, die Großübung sei ein wichtiges Bekenntnis der USA zur Sicherheit Europas. Die CSU hat die Untertänigkeitsbekundungen aus dem 1. Kalten Krieg also noch gut drauf, während der von den USA eingefädelte 2. Kalte Krieg voran schreitet.

Noch eine Randbemerkung und eine Frage von mir, dem Spielverderber:
Die Randbemerkung: Wenn das jetzt der Ernstfall gewesen wäre, wären der Nürnberger Flughafen und alle Verkehrsverbindungen unserer Heimatstadt schon durch massive koordinierte Drohnenschwärme zerstört oder schwer beschädigt.
Die Frage: Übertragen sich Coronaviren auch beim interkontinentalen Transport von Militärpersonen? Allerdings: Nur Deutschland ist infektiös. Italien muss zum Glück nicht mit-üben, Polen ist coronafrei und in Georgien – Standort einer Defender 2020 Luftlandeübung zur Verteidigung Europas :-) – gibt es bisher nur eine einzige bekannte Infektion.

Update 27.02.2020

Aufruf des DGB gegen das Defender 2020 Großmanöver.

Stand am 01.02.2020

Wir werden dieses vermutlich sehr teure US-Militärspektakel im Rahmen der NATO kritisch begleiten.

Zum Einstieg ein umfassender aktueller Bericht über Defender Europe und 2020 auf heise telepolis sowie ein früherer Bericht von heise telepolis über die Planungen des Infrastruktur-Stresstests.

In der sicherheitspolitischen Rechtfertigung durch die Bundeswehr wird Bezug genommen auf die NATO-Russland Grundakte vom 27.05.1997, in der beide Seiten ihre Beziehungen nach Ende des Kalten Krieges geregelt und eine gegenseitige Abstimmung über konventionelle Truppenstärken und den Verzicht auf Atomwaffen in Mitteleuropa vereinbart hatten. Zitat Bundeswehr: „Eine feste Stationierung kommt dabei aufgrund der NATO-Russland-Grundakte nicht in Frage, so dass die Bataillone regelmäßig rotieren.“

Mit Defender 2020 rotiert die NATO jetzt eben kurz mal 37.000 US-Soldaten und 20.000 Stück mehr oder weniger gepanzertes Frachtgut, das in Europa nicht stationiert werden darf, über den Atlantik.

Die NATO hat sich mit ihrer Strategie von 1999, kaum zwei Jahre nach der NATO-Russland-Grundakte, von ihrem Verständnis als Verteidigungsbündnis für immer verabschiedet, indem sie beschloss, auch (in den englischen Fachbegriffen) „Out of Defence“, „Out of Area“ und „Out of United Nations“ zu agieren.

Die geostrategisch wenig bedeutende Krim-Annexion von 2014 wird propagandistisch immer und immer wieder aufgeladen, um die zunehmend aggressive Aufrüstung der NATO gegen Russland als Verteidigungsmaßnahme gegen die „Russische Expansion“ zu verkaufen. Dabei leistet die deutsche Rechts-Presse wie die FAZ kräftig Propagandahilfe.

Die NATO hat mit Zustimmung der jeweiligen Regierungen seit 1989 im Norden Europas 1.200 km und im Süden Europas 1.600 km nach Osten expandiert. Russland hat 2014 mit Zustimmung der Mehrheit der Bevölkerung der Krim 300 km nach Westen expandiert.  :